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Nichetto = Nendo
Produzieren mit kami no ku und shimo no ku
04.04.2013
N = N, das heißt ganz einfach: Nichetto = Nendo oder Nendo = Nichetto. Aber auch: Ein buchstäblich produktiver Dialog zwischen Luca und Oki, Nichetto und Sato, Italien und Japan, Venedig und Tokio. Zuerst trafen sich die beiden Designer auf einen Kaffee, sprachen über Design und die Zusammenarbeit von Designern wie Sottsass und Kuramata. Dann haben sie selbst begonnen, es zu versuchen.

Wie man das anstellen kann, wenn man nicht am selben Ort ist, dazu ist Oki Sato etwas eingefallen. Die japanische Dichtung hat geholfen. In dieser gibt es ein Verfahren, bei dem der eine beginnt und die ersten Zeilen schreibt – kami no ku –, bevor der zweite das Gedicht vollendet – shimo no ku. Also schickte Oki seine Ideenskizzen an Luca, der an ihnen weiterarbeitete. Und Luca schickte seine an Oki, der sie seinerseits weiterentwickelte. So ging es in wenigen Tagen immer hin und her. Bis nicht nur viele spannende Skizzen entstanden waren, sondern auch sieben verschiedene Produkte – und eine Freundschaft.

Zudem haben die beiden, also N + N, die Ergebnisse ihres kooperativen Designprozesses allesamt mit originellen Namen versehen. Also heißen diese nun zum Beispiel „Shelves in a comic“, „Paper Ice Cream“ oder „Fish skin on the roof“. Was lag da näher, als wenigstens einen der beiden zu bitten, uns einige Fragen zu ihrer kreativen Formel N = N zu beantworten. Luca hat es getan. Hier seine Antworten.
Esther Schulze-Tsatsas: „N=N“ oder „Nichetto=Nendo“ ist der Titel des Projektes, welches Sie in Mailand präsentieren werden. Signore Nichetto, können Sie uns etwas über die Zusammenarbeit verraten?
Luca Nichetto: Mit der Kooperation „Nichetto = Nendo“ wollen wir zeigen, dass es möglich ist, dass zwei heute recht bekannte Designer (lacht) zusammenarbeiten und sich dabei nicht als Konkurrenten sehen. So wie in der Musikbranche: Dort ist es üblich, dass zwei bekannte Musiker nur zum Spaß oder für ein spezielles Projekt zusammenarbeiten, zum Beispiel Robert Plant von Led Zeppelin mit Alison Krauss. Ich – und auch Oki – glauben, dass es in Zukunft mehr und mehr üblich sein wird, ein Netzwerk zu kreieren, das unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Handschriften vereint. Dadurch wird das Ergebnis viel spannender, da es nicht nur eine Sichtweise gibt. Derjenige, der zum Beispiel ein Café, ein Hotel oder ein neues Produkt plant, greift gerne auf mehrere Perspektiven zurück.
Wie genau hat die Zusammenarbeit ausgesehen?
Nichetto: Oki und ich haben unsere Kooperation nicht vorab geplant. Alles ist spontan entstanden, nachdem wir uns in Japan getroffen haben. Oki und ich fanden schnell heraus, dass es zwischen uns viele Übereinstimmungen gibt – Oki war Ehrengast der diesjährigen Stockholmer Möbelmesse, ich war Ehrengast der imm Cologne. Wir werteten dies als Zeichen, dass eine neue Generation von Designern im Kommen ist. Beim Kaffeetrinken sprachen wir über die Vergangenheit, über die Zusammenarbeit von Ettore Sottsass mit Shiro Kuramata – es gab früher viele europäische Designer, die mit japanischen Designern kooperierten. Und dann haben wir entschieden: Jetzt sind wir dran! Nach einer Weile, es war kurz vor den Weihnachtsferien, rief mich Oki an und hatte die Idee, mit der japanischen Methode des Zusammenfügens von Versen, kami no ku genannt, zu arbeiten. Er schickte mir eine Reihe von Zeichnungen und mir fielen einige interessante Ideen dazu ein, die ich an ihn zurücksendete. Es wurde zu einem „Ping-Pong-Projekt“, denn wir schickten uns ständig Ideen hin und her. Es hat uns sehr viel Spaß gemacht, frei zu arbeiten und nicht den Fokus auf ein marktfähiges Produkt legen zu müssen.
Was steckt hinter der Methode des kami no ku? Woher kam die Idee, damit zu arbeiten?
Nichetto: Die Idee, mit einer japanischen Gedichtform zu arbeiten, kam natürlich von Oki. Aber auch ich habe diese Methode schon zuvor in Stockholm verwendet, um mit meiner Assistentin in Italien zu arbeiten. Oki gebraucht sie ebenfalls, wenn er unterwegs ist. Wenn man viel auf Reisen ist, ist dies eine gute Methode, um mit seinem Studio zu kommunizieren. Als wir anfingen, miteinander zu arbeiten, war es schön zu entdecken, wie viele Gemeinsamkeiten wir haben. Obwohl Oki und ich eine ganz unterschiedliche Designsprache haben und der Output an Produkten generell sehr verschieden ist, steht doch der gleiche Entwurfsprozess dahinter.
Was charakterisiert die sieben Produkte, die aus dem Prozess zwischen Oki Sato und Ihnen entstanden sind? Steckt etwas typisch Venezianisches oder Japanisches darin? Oder ist es ganz unwichtig, woher man kommt, solange man gute Ideen hat?
Nichetto: Das ist sehr schwer zu sagen. Es steckt beides in den Produkten – Japanisches und Italienisches. Es ist unmöglich, eine Trennung vorzunehmen oder zu erkennen, wer der erste oder der zweite Autor ist. Das müssen Sie selbst entdecken!

Nichetto = Nendo
Foro Buonaparte 48, 20121 Mailand
9. bis 14 April von 10 bis 19 Uhr

www.lucanichetto.com
www.nendo.jp
„Nichetto = Nendo", alle Skizzen und Fotos © Luca Nichetto und Oki Sato